Arbeitstherapie „Kochen“ im Rahmen der MBOR
Zentrum für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin am Medizinischen Zentrum für Gesundheit (MZG Westfalen), Bad Lippspringe
Indikation
indikationsübergreifend
Ziele
Übergeordnetes Ziel der Maßnahme ist es, die Arbeitsfähigkeit des Rehabilitanden zu erreichen. Dabei erproben sich die Rehabilitanden innerhalb der Arbeitstherapie, um herauszufinden, in welchem Umfang sie innerhalb eines Arbeitsalltags belastbar sind. Exemplarisch wird hier der arbeitstherapeutische Bereich „Kochen“ als ein Bestandteil der MBOR vorgestellt (es gibt beispielsweise auch Arbeitstherapie EDV- und Bürotraining oder Garten). Darüber hinaus erfolgen im Rahmen der gesamten MBOR auch die Überprüfung und das Training der berufs- bzw. arbeitsbezogenen Belastungsfähigkeit auf Basis einer Diagnostik mit MELBA (Profilvergleich Fähigkeiten und Anforderungen) bei Rehabilitanden mit besonderen beruflichen Problemlagen (BBPL).
Inhalte und Ablauf
Die Arbeitstherapie „Kochen“ stellt einen Ausschnitt der allgemeinen Arbeit dar, welcher Rehabilitanden mit BBPL die Möglichkeit bietet, in einem geschützten Rahmen Grundfertigkeiten der Arbeit neu zu erlernen oder bereits vorhandenes Wissen weiter zu vertiefen. Dies erfolgt störungs- und klinikübergreifend (Rehabilitanden unterschiedlicher Indikationen), wobei im Therapiesetting trotzdem individuell auf die Zielformulierung des Rehabilitanden eingegangen wird – dies ist abhängig von den jeweiligen Fähigkeiten und Einschränkungen des Patienten – beispielsweise steht bei dem einen Patienten eher die Verbesserung der Arbeitsplanung im Fokus, so dass dieser Patient vermehrt in die Organisation von Arbeitsabläufen in der Küche involviert werden könnte. Ein anderer Patient hingegen hat zum Beispiel vor allem Defizite im Bereich sozialer Kompetenzen, wobei dieser daraufhin gezielt dahingehend unterstützt werden kann, im Team Zutaten einzukaufen oder in der Kleingruppe Gerichte zuzubereiten.
Die Tätigkeitsschwerpunkte der Maßnahme sind angelehnt an den Ausbildungsrahmenplan von Küchenhelfern nach Maßgabe der Industrie- und Handelskammer. Der arbeitstherapeutische Bereich „Kochen“ befähigt die Rehabilitanden dazu, einen adäquaten Umgang mit Lebensmitteln sowie küchenspezifischen Werkzeugen und Maschinen (unter Beachtung von Hygienevorschriften) zu entwickeln. Dies stellt die Tätigkeit in der Küche an sich dar, genauer werden im Laufe der Arbeitstherapie jedoch allgemeine (d.h. berufsgruppenunabhängige) arbeitsrelevante Schlüsselqualifikationen (beispielsweise Organisation von Arbeitsabläufen in der Küche – im Anforderungsprofil nach MELBA abgebildet mit Selbstverantwortung, sozialen Kompetenzen, Aufmerksamkeit etc.) erlernt und unter Nutzung von MELBA ausgewertet. Dabei ist der Arbeitsbereich „Kochen“ wiederum in einzelne Teilbereiche aufgeteilt – für jeden dieser Teilbereiche wurde ein Anforderungsprofil nach MELBA erstellt.
Zu Beginn der Reha-Maßnahme wird auf Basis des vom Rehabilitanden ausgefüllten Würzburger Screenings (zur Erfassung einer besonderen beruflichen Problemlage) bzw. des SIMBO-C und unter Einbezug der Motivation des Rehabilitanden sowie der Krankheitsanamnese gemeinsam mit dem Rehabilitanden entschieden, ob eine arbeitstherapeutische Maßnahme in Frage kommt. Die Motivation des Rehabilitanden wird vom aufnehmenden Arzt und zudem vom Bezugstherapeuten im Aufnahmegespräch erfragt. Eine weitere und abschließende Einschätzung erfolgt im Rahmen der in der Aufnahmewoche stattfindenden Multiteam-Visite. Die Arbeitstherapie an sich erfolgt zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Reha (aufgrund der unterschiedlichen Aufenthaltsdauern je nach Indikation). So findet das arbeitstherapeutische Angebot in der Psychosomatik beispielsweise in der 2. und 3. Woche (bei 4 Wochen Gesamtaufenthalt) statt.
Dann erfolgt zu Beginn jeder Arbeitstherapie ein Termin zur Vorabinformation der Rehabilitanden im Rahmen der arbeitstherapeutischen Gruppe mit max. 8 Patienten, wobei Arbeitstherapie im Allgemeinen und der Bereich Kochen im Speziellen erläutert werden. Zudem wird mit den Rehabilitanden innerhalb der Gruppe die individuelle Zielsetzung besprochen, welche in den darauffolgenden Einheiten immer wieder evaluiert (in kurzen Einzelkontakten und Feedbackgesprächen in der AT-Gruppe nach jeder arbeitstherapeutischen Einheit mit den Patienten) und wenn nötig auch ergänzt oder angepasst wird.
In der ersten Woche besteht ein fester Speiseplan, der sich in der Anforderung steigert. Im Verlauf der zweiten Woche werden die Anforderungen weiter gesteigert, vor allem in Bezug auf die Eigenverantwortung des Rehabilitanden (z.B. selbständige Speiseplanung, Budgetplanung). Durch Beobachtung der täglichen Arbeitsweise des Rehabilitanden wird für jeden Teilbereich der Tätigkeit ein Fähigkeitsprofil im Hinblick auf die Ausprägung seiner Schlüsselqualifikation in dieser Tätigkeit erstellt, womit Stärken und Defizite sichtbar gemacht werden, welche wiederum in den nächsten Einheiten gezielt geschult werden können:
- konkrete praktische Anforderung: Organisation von Arbeitsabläufen in der Küche
- im Anforderungsprofil nach Melba beispielsweise durch die „Merkmale der Arbeitsausführung“ Verantwortung und Ordnungsbereitschaft abgebildet
- auf einer Skala (Profilblatt Melba) wird dann vom Ergo- oder Arbeitstherapeuten beurteilt, wie sehr diese Fähigkeit am Anfang beim Patienten ausgeprägt ist, ob sie sich im Verlauf der Therapie ändert und wie sie am Ende ist (Verbesserung? Verschlechterung? Gleich geblieben?) - dies wird immer in Feedbackgesprächen mit dem Patienten besprochen sowie Möglichkeiten erarbeitet, wie diese Fähigkeit in den folgenden Einheiten verbessert werden kann
Begleitet wird die Arbeitstherapie unter anderem durch verschiedene berufsspezifische Gruppenangebote (im Rahmen der MBOR), so dass das praktisch Erlernte im Austausch mit den anderen Teilnehmern weiter gefestigt werden kann. Beispiele für weitere berufsspezifische Gruppenangebote sind eine berufsspezifische Problemlösegruppe, AVEM (Arbeitsweltbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster) sowie ZAZO-Gruppentraining (Zielanalyse und Zieloperationalisierung). Die Gruppenangebote werden durch regelmäßige Einzelgespräche beim Bezugstherapeuten begleitet, welche primär schematherapeutisch ausgerichtet sind.
Die Maßnahme findet dreimal pro Woche (an drei verschiedenen Wochentagen) in einem Umfang von je 3,5 Stunden statt und erstreckt sich über einen Zeitraum von 2 Wochen.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 1 zusammenfassend dargestellt (Anklicken zum vergrößern).
Abbildung 1: Maßnahme „Arbeitstherapie „Kochen“ im Rahmen der MBOR, Zentrum für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin am Medizinischen Zentrum für Gesundheit Bad Lippspringe
Zielgruppe
Allgemein richtet sich die Intervention an Rehabilitanden, die aufgrund einer psychischen Erkrankung in ihrer Arbeitsfähigkeit und -fertigkeit beeinträchtigt sind, so dass sie einer beruflichen Tätigkeit nicht oder nur sehr eingeschränkt nachgehen können. Zielgruppe der Maßnahme sind Rehabilitanden mit besonderen beruflichen Problemlagen und ausreichender Motivation, sich mit berufsspezifischen Themen/ Problemen während der Reha-Maßnahme intensiv auseinanderzusetzen, unabhängig von der Indikation/Grunderkrankung. Die Auswahl der Rehabilitanden erfolgt mittels eingangs durchgeführten Screeningverfahren (Würzburger Screening) und Befunderhebung. Die Maßnahme wird nicht durchgeführt bei einem Alter von > 65 Jahren sowie bei fehlender Motivation auf Seiten des Rehabilitanden.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung
Ergotherapeut. Ausstattung: Für die Durchführung der Maßnahme ist eine Küche mit mehreren komplett eingerichteten Küchenarbeitsbereichen erforderlich. Für die Maßnahme sind in der Klinik ein gemeinsamer Speiseraum und Umkleide- und Ruheräume eingerichtet.
Ansprechpartner
Johanna Frieler
Dipl.-Psychologin, Ltd. Psychologin im Kompetenzzentrum für Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (KoMBOR)
Zentrum für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin (ZPPM) am Medizinischen Zentrum für Gesundheit Bad Lippspringe GmbH - MZG Westfalen
Cecilienallee 6
33175 Bad Lippspringe
Tel: 05252/95-3883
j.frieler@medizinisches-zentrum.de
http://www.medizinisches-zentrum.de