Berufliche Orientierung

in der medizinischen Rehabilitation

Praxisbeispiel PSY-MBOR-Gruppe (Psychosomatische Medizinisch-Beruflich Orientierte Rehabilitation, tiefenpsychologische Ausrichtung)

Klinik am Homberg, Bad Wildungen

Klinikimpressionen Bad Wildungen

Indikation

Psychosomatik

Ziele

Auf der Grundlage des MBOR-Anforderungsprofils (DRV Bund, 2015) werden Rehabilitanden mit besonderen beruflichen Problemlagen (BBPL) identifiziert und durchlaufen ein multimodales Behandlungsprogramm unter Einbeziehung von MBOR-Kernelementen. Ein Bestandteil dieses Pro-gramms ist die PSY-MBOR-Gesprächsgruppe. Aktuelle berufliche Probleme sollen hier gemeinsam im Gruppensetting vor dem Hintergrund der Lebens- und Arbeitsbiografie mit besonderer Berücksichti-gung emotionaler und interaktioneller Aspekte analysiert und Lösungsansätze erarbeitet werden.

Folgende Unterziele können definiert werden:

  • Grundlage ist eine Vertrauensbasis und ein Arbeitsbündnis zwischen Therapeut und Gruppen-mitgliedern sowie der Gruppenmitglieder untereinander zur Bearbeitung emotional sensibler be-ruflicher Problemlagen
  • Überwindung resignativer und regressiver Tendenzen und Motivation zur positiven Problemar-beit mit dem Ziel der Eröffnung arbeits- und berufsbezogener Perspektiven
  • Verstärkung von psychosomatischem Krankheitsverstehen und Krankheitsakzeptanz auf der Grundlage gemeinsamer Betroffenheit; Identifikation von Personen mit besonderen beruflichen Problemlagen und Risiken im Arbeitsprozess (Vor-Screening durch SIMBO-C und WAI, ein Lö-sungsansatz durch KODE-Kompetenzentwicklung)
  • Identifikation problematischer Interaktionsstile aus der Gruppendynamik heraus mit Übertra-gung auf Erfahrungen am Arbeitsplatz

Inhalte und Ablauf

In der PSY-MBOR-Gruppe geht es darum, belastende Berufsprobleme ein-schließlich deren Auswirkungen im privaten Bereich zu thematisieren, mit Hilfe der Gruppenmitglie-der zu bearbeiten und nach neuen Perspektiven und Lösungen zu suchen. Berufsprobleme können Erschöpfung durch Überlastung im Sinne eines Burn-out-Erlebens sein, drohende oder eingetretene Arbeitslosigkeit, Notwendigkeit einer beruflichen Umorientierung aus gesundheitlichen Gründen oder Kontextfaktoren der Arbeitswelt wie Strukturwandel, Arbeitszeitverdichtung, Zunahme von Leistungsdruck und Konkurrenz, Computerisierung. Es kann auch um Anpassungsschwierigkeiten durch interaktionelle Probleme gehen bei Konfrontation mit neuen Mitarbeitern oder Vorgesetzten, Autoritätskonflikten, Degradierung, Entzug von Aufgaben und Verantwortung oder Mobbing. Hierbei geht es in der psychotherapeutischen Bearbeitung nicht primär um konkrete Lösungsvorschläge, sondern insbesondere um die Analyse eigener Konfliktanteile, beispielsweise der Relativierung einer einseitigen Opferhaltung sowie ggf. der Identifikation grundlegender eigener (neurotischer) Kon-fliktmuster.

Insgesamt wird bei diesem tiefenpsychologisch fundierten Ansatz beabsichtigt, ein vertieftes Ver-ständnis für die eigene Erlebensweise zu begründen und damit auch die Eigenverantwortlichkeit und das Gefühl der positiven Selbststeuerung zu verstärken. Das geschlossene gruppentherapeutische Setting fördert eine positive Dynamik des Erlebens von Zugehörigkeit, gegenseitiger Unterstützung, Verständnis und Vertrauen. Durch den Austausch gleichsinniger Problemerfahrungen wird das Gefühl der Isolation aufgebrochen und aus dem erweiterten gemeinsamen Erfahrungsraum entstehen neue Ideen und Handlungsimpulse.

Bereits vor Reha-Antritt bearbeiten die Rehabilitanden einen Selbstauskunftsbogen mit Angaben zu Symptomatik, Belastungsfaktoren, subjektiver Einschränkung der Teilhabe am beruflichen Alltag, bisheriger Therapie und Priorität der eigenen Rehabilitationsziele. Zusätzlich füllen die Rehabilitan-den zwei standardisierte Fragebögen mit Arbeits- und Berufsbezug aus (SIMBO-C, WAI). Dies dient dazu, bereits im Vorfeld der Reha Patienten mit besonderen beruflichen Problemlagen (BBPL) zu identifizieren.

Nach der durch den verantwortlichen Oberarzt vorgenommenen Auswertung erfolgt die Planung der Stationszuordnung entsprechend der jeweilig erkennbaren Rehabilitationsschwerpunkte. Bei objektiv identifizierbarer besonderer beruflicher Problemlage und subjektiv durch den Rehabilitanden be-nannten Priorität einer Berufsproblematik erfolgt die Vor-Zuordnung in die PSY-MBOR-Gruppe. Am Anreisetag wird in einem ausführlichen Anamnesegespräch nochmals die besondere Berufsproble-matik erhoben und es erfolgt dann die gemeinsame Festlegung der verbindlichen Rehabilitationsziele und die konkrete Therapieplanung.

Im PSY-MBOR-Programm durchlaufen die Rehabilitanden neben der geschilderten Gesprächsgruppe im selben geschlossenen Gruppenverbund eine ergotherapeutische Gruppe sowie eine berufsbezo-gene edukative Gruppe („Psychoedukative Gruppe Beruf und Arbeit“; PEBA). Daneben ist die Teil-nahme an Seminaren zu Beruf und Nachsorge, inkl. ausführlicher Sozialberatung sowie an einem MBOR-Parcours bzw. einer arbeitsbezogenen medizinischen Trainingstherapie weiterer obligater Bestandteil des PSY-MBOR-Programms.

Die geschlossene PSY-MBOR-Gruppe besteht aus 8 Teilnehmern und umfasst je zwei Sitzungen pro Woche à 90 Minuten als Gesprächs- und Ergotherapiegruppe über die gesamte Rehabilitationsdauer von 34 Tagen.

Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 1 zusammenfassend dargestellt.

Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 1 zusammenfassend dargestellt (Anklicken zum vergrößern).

Ablauf PSY-MBOR-Gruppe (Psychosomatische Medizinisch-Beruflich Orientierte Rehabilitation, tiefenpsychologische Ausrichtung) Klinik am Homberg, Bad Wildungen Abbildung 1: Maßnahme „PSY-MBOR-Gruppe – tiefenpsychologische Ausrichtung“ in der Klinik am Homberg, Bad Wildungen

Zielgruppe

Die Maßnahme richtet sich an Patienten und Patientinnen, für die ein Berufsproblem (i.S. einer beruflichen Problemlage) das Hauptthema darstellt. Sie wird nicht durchgeführt bei feh-lender Motivation auf Seiten des Patienten/der Patientin, bei drohender Dekompensation, ausge-prägter Depression und/oder latenter Suizidalität.

Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung

Arzt; Psychologe; Ergotherapeut und das weitere PSY-MBOR-Team (+ Sozialarbeiter, + Oberarzt). Es ist keine besondere Ausstattung außer den übli-chen Voraussetzungen für therapeutische Gruppen notwendig.

Ansprechpartner

Christoph Lang (Chefarzt Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapie)
Leiter MBOR-Station
Klinik am Homberg
Fachklinik für Psychosomatische Rehabilitation/Psychotherapie
Herzog-Georg-Weg 2
34537 Bad Wildungen
lang@klinik-am-homberg.de
www.klinik-am-homberg.de