Berufliche Orientierung in der Medizinischen Neurorehabilitation (BOMeN)
Johanniter-Ordenshäuser Bad Oeynhausen gemGmbH
Indikation
Neurologie
Ziele
Mit dem BOMeN-Behandlungskonzept, das eine frühe und intensive berufsbezogene Ausgestaltung sowohl des diagnostischen als auch vor allem therapeutischen Bereiches beinhaltet, werden zwei zentrale Wirkrichtungen verfolgt.
Zum einen sollen drei für die berufliche Reintegration zentrale personenbezogene Kontextfaktoren fokussiert und gefördert werden: Die Rehabilitanden sollen befähigt werden, ein angemessenes Krankheitsbewusstsein mit einem verbesserten Blick für die berufsbezogenen bewahrten Stärken aber auch die erworbenen Schwächen zu entwickeln. Darauf aufbauend soll das Gefühl für die Mitverantwortung am Rehabilitationserfolg gestärkt und die Formulierung realistischer Zielvorstellungen unterstützt werden.
Zum anderen soll durch die frühzeitige Beschäftigung mit dem beruflichen Kontext und insbesondere durch den Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit möglichen arbeitsbezogenen Schwierigkeiten erreicht werden, dass nach der Rehabilitation (a) mehr Betroffene, (b) möglichst schneller und (c) mit nachhaltigerem Erfolg wieder am Erwerbsleben teilhaben.
Inhalte und Ablauf
Die Entwicklung einer realistischen Einschätzung der Defizite und ihrer Bedeutung für die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit beginnt mit einem strukturierten Diagnoseprozess: Hierbei erfolgt die interdisziplinäre Erfassung eines berufsbezogenen Anforderungs- und Fähigkeitsprofils. Diese Profile werden gegenübergestellt und erkennbare Diskrepanzen zur Formulierung der Reha-Ziele herange-zogen. Den zentralen Behandlungsbaustein bildet eine dreimal wöchentlich je dreistündige Patientenschulung über einen dreiwöchigen Zeitraum. Im Rahmen dieser Schulungsgruppe unterstützen Wahrnehmungsexperimente zu den Bereichen Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Planung / Organisation sowie handwerkliche und / oder verwaltungstechnische Handlungsaufgaben die Wissensvermittlung zu den Themen Arbeitsstress, Arbeitsmotivation und berufliche Perspektiven. Die experimentellen und handlungsbezogenen Therapieblöcke sind stärker teilhabeorientiert / praktisch und ermöglichen ein bewusstes Erfahren eventueller Belastungen sowie eine aktive Auseinandersetzung mit arbeitsrelevanten Defiziten, da jeweils eine Beschäftigung mit berufsnahem Material und berufsübergreifenden Anforderungen und Fähigkeiten erfolgt.
Berufliche Orientierung in der Medizinischen Neurorehabilitation - Kernelemente - |
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Behandlungsraster |
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Assessment |
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Patientenschulung | |||
3x pro Woche – 3 Stunden – 3 Wochen – für alle Rehabilitand(inn)en | |||
Psychoedukation | kognitive Therapie/neuropsych. Therapie | handlungsbezogene Therapie / Ergotherapie | |
Stressbewältigung | Aufmerksamkeit |
Funktionstraining
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Arbeitsmotivation | Gedächtnis | ||
rechtliche Optionen | Organisation |
Die Behandlungen verteilen sich über einen vierwöchigen Aufenthaltszeitraum, wobei sich die intensive Patientenschulung über einen dreiwöchigen Zeitraum erstreckt, der von den verschiedenen Eingangs- und Ausgangsuntersuchungen umrahmt ist. Eine Straffung des Terminrasters auf einen dreiwöchigen Zeitraum ist möglich.
Am Aufnahmetag erhalten die Rehabilitanden das medizinische Aufnahmegespräch, das am nächsten Tag durch eine umfassende, zweistündige Arbeitsanamnese durch den Sozialdienst ergänzt wird. An den beiden darauffolgenden Tagen erfolgt eine jeweils zweistündige neuropsychologische Eingangsuntersuchung, die zum Ende des Aufenthaltes mit einem weiteren zweistündigen Termin abgeschlossen wird. Des Weiteren findet in den ersten Tagen das ergotherapeutische Aufnahmegespräch statt, das ebenfalls am Ende des Rehabilitationsaufenthaltes in eine abschließende Beratung mündet.
Zentraler Baustein des Behandlungsraster ist die BOMeN-Gruppe – die Patientenschulung –, die dreimal pro Woche je drei Stunden stattfindet: Jeweils montags vormittags wir die Psychoedukation mit den Themen Arbeitsstress & Stressbewältigung; Arbeitsmotivation & Freude an der Arbeit sowie persönliche Perspektiven und sozialrechtliche Möglichkeiten angeboten. An den Dienstagnachmittagen findet die kognitive/neuropsychologische Schulung inklusive eines einstündigen berufsbezogenen Funktionstrainings zu den Themen Konzentration & Aufmerksamkeit, Gedächtnis sowie Planung & Organisation statt. Die Donnerstagnachmittage werden in Form eines dreistündigen beruflich orientierten Funktionstrainings gestaltet.
Ergänzt werden die Standards durch das VDR-Gesundheitsprogramm und individuell erforderliche Therapieeinheiten. Eine Anpassung des Ablaufes an klinikspezifische Gegebenheiten ist möglich.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 1 zusammenfassend dargestellt (Anklicken zum vergrößern).
Abbildung 1: Berufliche Orientierung in der Medizinischen Neurorehabilitation (BOMeN)
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BO-Funktionstraining | |
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Patientenedukation | Wahrnehmungsexperiment |
Zielgruppe
Das Programm richtet sich an Rehabilitanden mit erworbenen Hirnschäden (i.d.R.) der Phase D, bei denen die Feststellung des berufs- / erwerbsbezogenen Leistungsvermögens angezeigt ist und eine besondere berufliche Problemlage erkennbar ist.
Die Maßnahme wird nicht durchgeführt bei akuten psychiatrischen Auffälligkeiten, einschränkenden aphasischen Defiziten sowie bei mangelnden Deutschkenntnissen.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung
Personelle Ausstattung: Psychologe, Sozialarbeiter/Sozialpädagoge, Ergotherapeut, Sporttherapeut/-lehrer.
Strukturelle Ausstattung: Vortragsraum/Gruppenraum ausgestattet mit Tischen, Beamer, Laptop, CD-Player und (am besten) Whiteboard, auf das projiziert werden kann, Übungsraum mit 5 PC-Arbeitsplätzen, in der Ergotherapie verortete Werkplätze (z. B. zur Bearbeitung von Holz, Papier etc.), 5 Walkmen mit unterschiedlichen Entspannungsmusiken, Bearbeitungsunterlagen (Papier, Taschenrechner, Stoppuhren, Stifte pro Patient), Schulungshandouts.
Literatur
- Menzel-Begemann, A. (2011). Rückkehr zur Arbeit mit dem Reha-Konzept BOMeN (Berufliche Orientierung in der Medizinischen Neurorehabilitation). Public Health Forum, 19, S. 14-15.
- Menzel-Begemann, A. (2012). Berufliche Orientierung in der Medizinischen Neurorehabilitation. Problemstellung, Intervention, Ergebnisse. Weinheim: Beltz Juventa.
- Menzel-Begemann, A. & Hemmersbach, A. (2012). Interventionen zur beruflichen Orientierung in der medizinischen Rehabilitation nach neurologischen Erkrankungen. Neurologie & Rehabilitation, 18(5), 309-317.
- Menzel-Begemann, A. (2013). Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR) nach neurologischen Erkrankungen. Aktuelle Neurologie, 40, 507-512.
- Menzel-Begemann, A. & Honemeyer, S. (2015). Medizinisch-beruflich orientierte Neurorehabilitation. Das Patientenschulungs- und Behandlungsprogramm BOMeN. Göttingen: Hogrefe.
Ansprechpartner
Prof. Dr. rer. nat. Anke Menzel-Begemann
Professorin für Rehabilitationswissenschaften
Fachbereich Pflege und Gesundheit
Fachhochschule Münster - University of Applied Sciences –
Leonardo-Campus 8
48149 Münster
Tel.: +49 251 83 65828
Fax: + 49 251 83 65852
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