Berufliche Orientierung

in der medizinischen Rehabilitation

Externe Belastungserprobung

St. Franziska-Stift, Psychosomatische Fachklinik, Bad Kreuznach

Externe Belastungserprobung - Bad Kreuznach

Indikation

Psychosomatik

Ziele

Im St. Franziska-Stift wird die externe Belastungserprobung seit Beginn der Klinik 1992 systematisch durchgeführt. Seitdem erfolgen eine stetige Zunahme der Belastungserprobungen sowie die weitere Ausdifferenzierung der Standards in der Zuweisung, Durchführung und Auswertung. Dadurch verfügt das St. Franziska-Stift über einen umfangreichen Erfahrungshintergrund, gestützt durch eine elektronische Datenbank, die von einem konstanten Mitarbeiterkreis von Dipl.-Sozialarbeitern aufgebaut, gepflegt und ausgebaut wird. Die positiven Ergebnisse der Belastungserprobungen konnten durch eine Studie belegt und auf dem 15. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium 2006 in Bayreuth vorgestellt werden.

Neben den im Folgenden beschriebenen speziell ausgearbeiteten Indikations- und Durchführungskriterien sind dabei zusätzliche Aspekte, wie z. B. die Kontaktpflege und spezielle Angebote für die mittlerweile über hundert Firmen und Abteilungen in Bad Kreuznach und Umgebung zu beachten. Besonderes Augenmerk wird auf die Schulung der dort tätigen Mitarbeiter gelegt, die in die Praxisanleitung der Patienten und Patientinnen und in die Fremdeinschätzung der Belastungserprobungen eingebunden sind. Weiterbildungsangebote seitens der Klinik in Form von Anleitung (train the trainer), speziellen Tagungen für die Mitarbeiter der in die Belastungserprobung involvierten Firmen sowie die Möglichkeit von Erfahrungsaustausch untereinander und mit qualifiziertem Klinikpersonal gewährleisten einen hohen Standard.

Die Belastungserprobung im Rahmen der medizinischen Rehabilitation ist sowohl nach § 5 SGB VI als auch §42 SGB V und §26 SGB IX, Abs. 2 Nr. 7 klar geregelt mit dem Ziel einer besseren Einbeziehung der beruflichen Realität in die medizinische Rehabilitation und einer systematischen Erprobung somatischer und psychischer Belastbarkeit, sowie der berufsrelevanten Sozialkompetenzen und der Integrationsfähigkeit.

Ziel der Maßnahme ist das Erproben von

  • berufsbezogener körperlicher und psychischer Belastbarkeit,
  • sozialer Kompetenz im Beruf,
  • beruflicher Neu- oder Umorientierung,
  • beruflicher Eignung,
  • Exposition und Tagesstruktur

sowie die Überprüfung der Motivation zur Rückkehr in das Arbeitsleben.

Inhalte und Ablauf

Bei der externen Belastungserprobung sind die Teilnehmenden an einem konkreten Arbeitsplatz den üblichen Arbeitsbedingungen ausgesetzt und bekommt die dort anfallenden Arbeiten übertragen (z. B. im Verkauf Ware einsortieren und auszeichnen sowie Kunden beraten). Die berufliche Realität wird konkret in die medizinische Rehabilitation einbezogen. Die Konfrontation mit dem Berufsalltag verdeutlicht berufliche Ressourcen und Einschränkungen. Die Patienten und Patientinnen können dort ihre somatische und psychische Belastbarkeit erproben, berufsrelevantes Kommunikations- und Interaktionsverhalten analysieren und anwenden sowie neue Strategien einüben. Sie erstellen strukturierte Protokolle von jedem Arbeitstag (vgl. Abbildung 1) und erwerben eine realistische Selbsteinschätzung durch Gegenüberstellung von standardisierter Selbst- und Fremdbeurteilung der erlebten und gezeigten Haltungen, Leistungen und Kompetenzen (vgl. Abbildungen 2 und 3). Dabei werden sie begleitet durch Einzelgespräche mit Psychotherapeut und Dipl.-Sozialarbeiter. Die Belastungserprobung wird so zu einer Grundlage zur sozialmedizinischen Einschätzung und gibt Hinweise auf weiterführende Maßnahmen (z. B. LTA).

Tagesprotokollbogen Abbildung 1: Tagesprotokollbogen

Tagesprotokollbogen Abbildung 2: Fremdeinschätzungsbogen durch den Praxisanleiter

Selbsteinschätzungsbogen durch den Rehabilitanden Abbildung 3: Selbsteinschätzungsbogen durch den Rehabilitanden

Die Maßnahme umfasst in der Regel in einem Zeitraum von ein bis zwei Wochen einen täglichen Einsatz im Betrieb von vier bis sechs Stunden; hinzu kommen begleitende (sozial-)therapeutische Einzelgespräche nach Bedarf (mindestens zweimal pro Woche).

Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 4 zusammenfassend dargestellt (Anklicken zum vergrößern).

Ablauf Externe Belastungserprobung - Bad Kreuznach Abbildung 4: Maßnahme „externe Belastungserprobung“ im St. Franziska-Stift, Psychosomatische Fachklinik, Bad Kreuznach

Zielgruppe

Die Maßnahme richtet sich an alle (teil-)erwerbsfähigen Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, bei denen eine berufliche Problemlage im Vordergrund steht mit folgenden Indikationen: lange Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, offener Rentenwunsch, berufliche Neuorientierung, fragliche Leistungsfähigkeit (objektiv); „Arbeit macht krank“, Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz durch Krankheitsempfinden, Konflikte am Arbeitsplatz, berufliche Überforderung/Berührungsängste mit beruflichen Herausforderungen, fehlendes berufliches Zutrauen bzw. Unsicherheit bzgl. der beruflichen Selbsteinschätzung (subjektiv). Die Maßnahme wird nicht durchgeführt bei fehlender Motivation (siehe dazu Abbildung 5) auf Seiten der Patienten und Patientinnen (z. B. manifester Rentenwunsch), bei bestimmten Berufsbildern, die sich in der Kürze der Zeit nicht erproben lassen sowie bei einer zu kurzen Dauer der Rehabilitationsmaßnahme.

Kriterien zur Einschätzung der Patientenmotivation Abbildung 5: Kriterien zur Einschätzung der Patientenmotivation

Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung

Arzt; Psychologe; Sozialarbeiter/Sozialpädagoge; Ergotherapeut; Stationspfleger/-schwester. Kooperationsnetzwerk mit zahlreichen Arbeitgebern im Einzugsbereich der Klinik. Benötigte Ausstattung: ggf. Hilfestellung zum Erreichen des Arbeitsplatzes (Fahrrad, Fahrdienst); ggf. berufsspezifische Arbeitskleidung.

Literatur

Anton, E., Meures, A., Schützeichel, I., Metz, U., Jürgensen, R. & Rüddel, H. (2006). Zur Bedeutung einer Arbeits- und Belastungserprobung während der stationären psychosomatischen Rehabilitation. DRV-Schriften, 64, 54-56.

Ansprechpartner

Eleonore Anton (Dipl.-Sozialarbeiterin)
Andrea Meures (Dipl.-Sozialarbeiterin)
Prof. Dr. med. Aglaja Valentina Stirn (Chefärztin)
Psychosomatische Fachklinik St. Franziskastift
Franziska-Puricelli-Str. 3
55543 Bad Kreuznach
e.anton@fskh.de
http://www.fransziska-stift.de