Berufliche Orientierung

in der medizinischen Rehabilitation

Gruppentherapie „Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf“ (AGIL)

Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee

Klinikimpressionen Klinik Roseneck

Indikation

Psychosomatik

Ziele

Mangelnde oder dysfunktionale Bewältigungsfertigkeiten im Umgang mit berufsimmanenten Belastungen des Lehrerberufes können – im Sinne eines Teufelskreises – die resultierende, vom Individuum erlebte Beanspruchung deutlich vermehren. Auch im Sinne biopsychosozialer Störungsmodelle sind hieraus negative Auswirkungen auf die psychosomatische Gesundheit bzw. das individuelle Krankheitsbild zu erwarten. Ziel der Therapiegruppe „Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf“ (AGIL) ist die Behandlung psychisch erkrankter Lehrkräfte durch Förderung funktionaler Bewältigungsstrategien und die Vorbereitung auf den Wiedereinstieg in den beruflichen Alltag.

Grundlage hierfür bildet ein aus der allgemeinen und lehrerbezogenen Stressforschung abgeleitetes Erklärungs- und Veränderungsmodell („Das infernalische Quartett“), welches die Chronifizierung beruflichen Überlastungserlebens bzw. dessen Durchbrechung anhand von vier gesundheitsrelevanten Bewältigungsaspekten behandelt: (1) (Un-)Achtsamkeit (Wahrnehmung und angemessene Reaktion auf Signale der Überlastung), (2) (Un-)Denkbarkeit (Umgang mit stressverschärfenden Kognitionen und Grübeln), (3) (Un-)Möglichkeit (Verfügbarkeit von Klärungs- und Handlungsalternativen) sowie (4) (Un-)Erholung (Regenerationsfähigkeit im Schulalltag).

Inhalte und Ablauf

  • Stunde 1 – Achtsamkeit I: Was ist und wie entsteht Stress? Die Stressoren (System-, Schul- und Individualebene); Stressreaktionen auf vier Ebenen (Gedanken, Gefühle, Körper, Verhalten); Stress als Aufsummierung von Anspannungsmomenten über die Zeit und Folge des Ungleichgewichtes von Anforderungen und Ressourcen
  • Stunde 2 – Achtsamkeit II: Achtsamkeit und die Wege der Stressbewältigung (z. B. instrumentelle und kognitive Techniken, Aufbau einer Erholungs- und Entspannungswelt); vorhandene Ressourcen und Defizite; Planung eines Entlastungsprojektes
  • Stunde 3 – Denkbarkeit I: Identifikation und Entschärfung stressverschärfender Kognitionen („Stress-Beschleuniger“) und überhöhter Berufsideale (z. B. dysfunktionale Zielsetzungen, überhöhte Ansprüche)
  • Stunde 4 – Denkbarkeit II: Das Wesen von Grübeln (Rumination), Identifikation und Durchbrechung von Grübel-Kreisläufen
  • Stunde 5 – Möglichkeit I: Klärungshilfe in relevanten beruflichen Problemsituationen (z.B. anhand der Methode des inneren Teams)
  • Stunde 6 – Möglichkeit II: Umgang mit interpersonellen Konflikten und schwierigen sozialen Situationen im Beruf auf Basis von Praxisbeispielen (z.B. anhand von Rollenspielen)
  • Stunde 7 – Erholung I: Vermittlung von Erholungswissen, Motivierung zu Verhaltensänderungen in Bezug auf Pausen- und Regenerationsverhalten, Zeitmanagement im Lehrerberuf
  • Stunde 8 – Erholung II: Merkmale von Arbeits- und Erholungswelt, Stärkung der Distanzierungsfähigkeit von beruflichen Belastungen, Wiederaufnahme von Ausgleichsaktivitäten, Transfersicherung und Rückfallprophylaxe

Nach einer Verhaltens- und Berufsanamnese durch den Bezugstherapeuten erfolgt die Indikationsstellung und Verordnung zur AGIL-Gruppe. Die Maßnahme umfasst acht Sitzungen (Doppelstunden zweimal pro Woche über einen Zeitraum von vier Wochen) und wird stationsübergreifend als geschlossene Gruppe in Ergänzung zur Standardtherapie durchgeführt. 

Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 1 zusammenfassend dargestellt (Anklicken zum vergrößern).

Ablauf AGIL - Prien Abbildung 1: Maßnahme „Gruppentherapie „Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf“ (AGIL)“ in der Klinik Roseneck, Prien

Zielgruppe

Die Maßnahme richtet sich störungsübergreifend an Lehrer und Referendare. Sie wird nicht durchgeführt bei berenteten Patienten und Patientinnen sowie bei Rehabilitanden und Rehabilitandinnen mit ausgeprägtem Rentenbegehren bzw. laufendem Rentenverfahren, bei fehlender Motivation auf Seiten des Patienten/der Patientin, bei mangelnder Belastbarkeit (z. B. aufgrund der Schwere einer depressiven Symptomatik) oder dem Vorliegen anderer psychotherapeutischer Behandlungsschwerpunkte. 

Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung

Arzt; Psychologe. Es ist keine besondere Ausstattung außer den üblichen Voraussetzungen für therapeutische Gruppen notwendig.

Literatur

  • Hillert, A. & Schmitz, E. (Hrsg.) (2004). Psychosomatische Erkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern. Stuttgart: Schattauer.
  • Hillert, A., Sosnowsky, N. & Lehr, D. (2005). Idealisten kommen in den Himmel Realisten bleiben AGIL! Risikofaktoren, Behandlung und Prävention von psychosomatischen Erkrankungen im Lehrerberuf. Lehren und Lernen, 31, 17-27.
  • Hillert, A., Lehr, D., Koch, S., Bracht, M., Ueing, S. & Sosnowsky-Waschek, N. (2012). Lehrergesundheit - AGIL: Das Präventionsprogramm für Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf. Stuttgart: Schattauer.
  • Hillert, A., Koch S, & Lehr, D. (2013). Das Burnout-Phänomen am Beispiel des Lehrerberufs Paradigmen, Befunde und Perspektiven berufsbezogener Therapie- und Präventionsansätze. Nervenarzt, 84, 806-812.
  • Hillert, A., Lehr, D., Koch, S., Bracht, M., Ueing, S. & Baum, K. (2013). Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf (AGIL) - Lehrfilm. Voraussichtlich zu beziehen über: UnterrichtsMitschau der Ludwig-Maximilians Universität München (www.medien.edu.lmu.de).
  • Lehr, D. (2004). Psychosomatisch erkrankte und „gesunde“ Lehrkräfte: auf der Suche nach den entscheidenden Unterschieden. In A. Hillert & E. Schmitz (Hrsg.), Psychosomatische Erkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern. Ursachen, Folgen, Lösungen (S. 120-140). Stuttgart: Schattauer.
  • Lehr, D., Koch, S. & Hillert, A. (2012). Stress-Bewältigungs-Trainings: Das Präventionsprogramm AGIL „Arbeit und Gesundheit im Lehrerberuf“ als Beispiel eines Stress-Bewältigungstrainings für Lehrerinnen und Lehrer. In M. Rothland (Hrsg.), Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf (2. Aufl.) (S. 251-271). Berlin: Springer.

Ansprechpartner

Prof. Dr. Dr. Andreas Hillert; Dr. Dipl.-Psych. Stefan Koch
Schön Klinik Roseneck
Am Roseneck 6
83209 Prien
ahillert@schoen-kliniken.de, skoch@schoen-kliniken.de
http://www.schoen-kliniken.de/ptp/kkh/ros/klinik/